V oder die Vierte Wand
Anja Kümmel
»als das schiff in new york auslief, war 1980. jahre müssen vergangen sein, da auf dem ozean. vielleicht sogar jahrzehnte. ich bin nicht sicher, wie viele, und es ist nicht leicht rauszufinden. man kann passanten auf der straße nach der uhrzeit oder nach dem datum fragen. aber: entschuldigen sie bitte, welches jahr haben wir? ausgeschlossen.«
London in nicht allzu ferner Zukunft. Private Überwachungsorganisationen und chinesische Konzerne kontrollieren die Stadt. Ihre Bewohner sind gechippt und permanent online, sämtliche Interaktionen in der Cloud gespeichert. Nur im East End leben einige Anonyme, die sich der ständigen Beobachtung entziehen.
Im Jahr 1980 macht sich der junge Mexikaner Mesca von Los Angeles auf den Weg nach London, um seine verlorene Liebe zu suchen. Doch statt auf Post-Punk und New Wave trifft er auf eine düstere Stadt voller Drohnen und futuristischer Technologie. Und auf einen Typen im Hasenkostüm, der ihn mitnimmt in den Maschinenraum dieser schönen neuen Welt.
Island in nicht allzu ferner Zukunft. Fenna kehrt der von Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit gebeutelten Insel den Rücken und nimmt einen Job als Auftragskillerin in London an. Statt in einer High-Tech-Metropole findet sie sich jedoch in einem leicht verschobenen London des Jahres 1980 wieder. Im legendären Club „V“ gerät sie in den Sog der schillernden New-Romantics-Bewegung und verliebt sich in den unnahbaren E., der ihrem Opfer verdammt ähnlich sieht.
In einem ehemaligen Sanatorium am Rande Londons treffen die beiden aus der Zeit Gefallenen schließlich aufeinander.
„V oder die Vierte Wand“ ist ein ebenso fesselnder wie außergewöhnlicher Roman. Wie ein mehrfach in sich verdrehtes Möbiusband schrauben sich die verschiedenen Zeitebenen und Erzählstränge ineinander. Anja Kümmel setzt sich in ihrem sprachlich ganz eigenen Flow mit den Themen Identität, Überwachung, Erinnerung und den sozialen Implikationen technologischen Fortschritts auseinander.